Adaptive Radiation

Unter „adaptiver Radiation“ versteht man die Aufspaltung (Radiation) einer Stammart in mehrere neue Arten mit unterschiedlichen Anpassungen (Adaptionen). Dies geschieht dann, wenn eine Art in einen Lebensraum gelangt der frei von Konkurrenz anderer Arten ist. Somit kann eine einzige Art die unterschiedlichsten ökologischen Nischen besetzen. Mit der Zeit bilden sich somit neue Arten, die sich sowohl untereinander als auch von der Stammart unterscheiden.

Beispiel Darwinfinken

Ein geschichtsträchtiges und beliebtes Beispiel für adaptive Radiaton sind die sogenannten „Darwinfinken“. Diese auf den Galapagosinseln lebende Unterfamilie der Finken besteht aus 14 verschiedenen Arten, die mit einer einzigen Ausnahme ausschließlich auf den Galapagos-Inseln vorkommen. Die Arten unterscheiden sich in Aussehen und Verhalten, sind genetisch allerdings eng miteinander verwandt.

Die Heimat der Darwinfinken, die Galapagosinseln sind durch Vulkane entstanden und weit vom Festland entfernt. Deshalb ist davon auszugehen, dass größere Tiere wenn überhaupt nur durch Zufälle in Kontakt mit den Inseln kamen. Wohl durch einen solchen zufälligen Umstand gelangte irgendwann in der Vergangenheit eine Finkenart (Stammart) auf die Galapagosinseln. Besonders an diesem Zufall war, dass offenbar mehrere Finken derselben Art auf die Insel gelangten, sodass eine Fortpflanzung überhaupt möglich wurde. Nicht vorhandene Fressfeinde bei einem gleichzeitigen üppigen Nahrungsangebot stellten allerdings gleich so gute Bedingungen dar, sodass die Anzahl der Finken auf den Galapagosinseln förmlich explodierte.

Da alle Finken der Stammart angehörten, fraßen alle Individuen exakt die Nahrung, die auch zuvor ausserhalb der Galapagosinseln gefressen wurde (z.B. Grassamen) und besiedelte den selben Lebensraum (z.B. Wiese mit Büschen). Da auf einer Insel sowohl Nahrungsangebot als auch die Fläche an Wiesen mit Büschen begrenzt sind, befanden sich die Individuen der Finkenpopulation schlagartig in Konkurrenz zueinander um vorhandene Nahrung und Lebensraum (siehe intraspezifische Konkurrenz). Selbstverständlich gab es auf den Galapagosinseln ein weitaus größeres Nahrungsangebot als nur Grassamen und etliche andere Lebensräume wie Wälder, Steppen, Felslandschaften.

Da die Stammart durch intraspezifische Konkurrenz unter einem sehr hohem Selektionsdruck stand, hatten einzelne Individuen mit einem zufällig veränderten Merkmal wie einem größeren Schnabel die Möglichkeit auch andere Nahrung wie Kaktusfeigen zu verzehren, während andere Individuen ohne dieses Merkmal hungerten und starben. Dadurch stiegen die Chancen der Vermehrung und das Merkmal wurde an die Nachkommen vererbt.

Durch die unterschiedlichsten Anpassungen in Körperbau, Verhalten und Nahrungserwerb konnten die Finken auf den Galapagosinseln immer mehr ökologische Nischen besetzen. Mit der Zeit unterschieden sich die Finken so voneinander, dass sich nurnoch Individuen mit dem gleichen Merkmal untereinander fortpflanzten. Somit grenzten sich genetisch eigenständige Arten voneinander ab.