FsJ im Rettungsdienst - Meine Erfahrungen als Freiwilliger

Nach der Schule und dem mehr oder weniger erfolgreich gelaufenen Abitur stand ich erst einmal dumm da. Was jetzt? Eine Frage mit der sich vermutlich jeder Abiturient früher oder später auseinandersetzt, nicht zuletzt weil einem sämtliche Angehörigen ab der 8. Klasse damit fortlaufend in den Ohren liegen. Nun, durch mehrere Gründe und Zufälle entschied ich mich für ein freiwilliges soziales Jahr - im Rettungsdienst - und habe es alles andere als bereut. Ich möchte dir erzählen was ich erlebt habe, und wieso dieses Jahr nach der Schule für mich alles andere als verloren war.

Wieso ein FsJ?

Ich habe mich zwar intensiv mit meinen Zukunftsvorstellungen auseinandergesetzt, und wurde dahingehend natürlich auch aus allen Richtungen intensiv bearbeitet. Kaum einer hatte keinen guten Ratschlag für mich, oder kannte nicht jemanden der mir "wahnsinnig ähnlich" wäre, und nun dies und das studierte. Schön und gut. Fakt war, dass ich nach 13 Jahren Schule keinen blassen Schimmer davon hatte was abseits der Schule abgeht. Das bedeutet nicht, dass ich ein Stubenhocker gewesen wäre, ganz im Gegenteil, aber ich hatte keinen Ahnung wohin mit mir in dieser Welt nachdem sich meine 13 Jahre lang nur um den Flecken Erde drehte an dem ich meinen Platz, meinen Stuhl und meine Freunde hatte und den ich mehr oder minder gerne aufsuchte.

Ich hatte Bock mal etwas ganz anderes zu machen. Wegziehen? Weltreise? Irgendeine Ausbildung oder ein Studium anfangen? Alles etwas diffus für mein ordnungsliebendes Weltbild, und ohne klares Versprechen später schlauer zu sein als zuvor. Glücklicherweise hatte ich einen Kumpel, dessen Bruder mit seinem Kumpel im Nachbarkreis ein Freiwilliges soziales Jahr im Rettungsdienst geleistet hat. Ich bekam viel interessantes zu hören, das mal nach etwas ganz anderem klang als alles was ich mir bisher von meiner Zukunft vorstellte.

Wie ich zum Rettungsdienst kam

Rettungsdienst und ich, das passte in der Vorstellung meiner Verwandten überhaupt nicht zusammen. Gut, vielleicht gab Ihnen der Umstand etwas zu denken, dass ich umgehend einen Kreislaufkollaps bekam sobald ich mein eigenes Blut sah. Eventuell eine berechtigte Sorge... Aber ich war mir sicher, solange es nicht um mein eigenes Blut ginge war alles safe. Ich rief also einfach an. Am nächsten Tag schickte ich meine Bewerbung ab, keine Zwei Wochen später saß ich im Bewerbungsgespräch mit dem Rettungsdienstleiter, hatte meinen Vertrag, und keine acht Wochen später begann meine Ausbildung zum Rettungshelfer.

Ich rutschte so schnell in mein Freiwilligenjahr, ich konnte nicht mal drüber nachdenken ob das nun die beste Lösung für mich darstellte. Oder vielleicht wollte ich es auch nicht, denn etwas "haben" ist ein gutes und sicheres Gefühl. Kaum war meine vierwöchige Ausbildung zum Rettungshelfer abgeschlossen saß ich das erste Mal auf dem Rettungswagen, und fuhr als Praktikant mit zu echten, richtigen Notfällen. Gottseidank drehte sich mir nicht der Magen um, sondern ich fand mich in meinem Element.

Was ich aus meinem FsJ mitnehme

Auch wenn es makaber klingt, die Arbeit im Rettungsdienst machte mir großen Spaß, bereicherte mich ungemein und gab mir einen ungeheuer diversifizierten Eindruck vom Leben. Ich lernte mich in einem Jahr besser kennen, als ich es in meinen bisherigen 19 Lebensjahren konnte. Im Rahmen meines FsJ wurde ich vom Rettungshelfer zum Rettungssanitäter weitergebildet, was weitaus spektakulärer klingt als es eigentlich ist. Keine regelrechte Berufsausbildung im klassischen Sinne, aber in der Lage als 2. Besatzungsmitglied auf dem Rettungswagen zu fahren.

Ich sah sehr viel, und sicherlich ist vieles davon nicht für jedermann das Richtige. Aber ich bin sehr dankbar darum, denn nach 13 Jahren Schule konnte ich etwas tun bei dem ich gebraucht wurde. Klar, meine Arbeit hätte auch jemand anders verrichten können, aber im Einsatz war ich mit meinem Kollegen im Team vor Ort und konnte etwas tun. Das war eine neue Erfahrung für mich, und ich wuchs daran.

Was nach dem FsJ?

Um es kurz zu fassen: Ich habe den Absprung ins Studium nach dem FsJ nicht genutzt. Durch die Ausbildung zum Rettungssanitäter hatte ich die Möglichkeit im Rettungsdienst weiterzuarbeiten, was sich für mich nach einer guten Möglichkeit anhörte meine Wartezeit zum als neues Ziel auserkorenen Medizinstudium zu überbrücken. Erst jetzt wurde mir bewusst wie sehr sich meine "entspannte" Schulzeit auf meine Zukunft niederschlug. Denn ich hatte 14 Wartesemester, bzw. 7 Jahre Wartezeit vor mir.

Doch neben mir gab es Jahr für Jahr über 60 andere Freiwillige, die ein FsJ im Rettungsdienst ableisteten. Auch in der Klinik, in Pflegeheimen und Behinderteneinrichtungen bin ich etlichen Freiwilligen begegnet, und kaum einer hat seine Entscheidung bereut dieses eine Jahr in sich selbst und die Gesellschaft zu investieren. Es hat mich verändert, mich geformt und mir gezeigt was ich möchte. Ich sehe dieses eine Jahr nicht als verloren an, sondern als ungeheuer wertvoll. Wenn du genau so wie ich nicht weißt wohin mit dir, dann nimm dir die Zeit. Egal ob du nun ein FsJ, ein BFD, eine Weltreise oder ein Work and Travel machst - lern dich kennen! Denn ich lege meine Hand dafür ins Feuer, dass du bisher nur die Seite an dir kennst, die mit dir gemeinsam jeden Tag in die Schule geht.

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